Resümee des schwäbischen Asylgipfels in Augsburg

Resümee des schwäbischen Asylgipfels 30.3.2019 im Café Tür an Tür | Wertachstr. 29 | 86153 Augsburg

Erst mal dank den über 70 TeilnehmerInnen für die engagierten und lebhaften Diskussionen. Es war wieder einmal schön, so viele freundliche und positiv denkende Menschen zu treffen. Dank auch an Gerhard und Christoph vom Café Tür an Tür Team für Verpflegung und Bewirtung.

Perspektiven für die Teilhabe Geflüchteter am Arbeitsmarkt:
Für die Teilhabe Geflüchteter am Arbeitsmarkt sind die Bleiberechtsregelungen und die Änderungen im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes absolut unzureichend, erläuterte Dr. Simon Goebel vom  Bayerischen Netzwerk „Beratung und Arbeitsmarktvermittlung für Flüchtlinge“ (BAVF II),  ESF-Integrationsrichtlinie Bund – Handlungsschwerpunkt Integration von Asylbewerber/-innen und Flüchtlingen (IvAF).  Der Arbeitsmarktzugang von Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung ist höchst kompliziert geregelt. Nun sollen neue bundes- und auch landesrechtliche Regelungen erlassen werden, die ein höchst fragmentiertes System des Zugangs und des Ausschlusses von Arbeit zur Folge haben. Grund dafür ist der fragwürdige Versuch der derzeitigen Gesetzgeber, durch die Beschränkungen des Arbeitszugangs die Zahl der Asylbewerber*innen zu steuern.

Die derzeitigen Bleiberechtsregelungen sind kaum wirksam, weil die Voraussetzungen nur von wenigen Geduldeten erfüllt werden können. Der Gesetzentwurf des Gesetzes über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung“ wird entgegen der öffentlichen Verlautbarungen der Verantwortlichen weder Geflüchteten noch Betrieben in großer Zahl helfen. Vielmehr soll die Ausreise bzw. Abschiebung Vorrang vor der Teilhabe der Geflüchteten am Arbeitsmarkt haben. Derzeit befinden sich 12000 Geflüchtete mit dem Status „Duldung“ in Deutschland.

Viele weitere Informationen zu den rechtlichen Regelungen zum Zugang finden Sie unter https://tuerantuer.de/bavf/publikationen/


Das Petitionsrecht mit Stephanie Schuhknecht, MdL, Vorsitzende des Petitionsausschusses
Das Petitionsrecht wurde in Bayerns Verfassung fest verankert. Die Dokumentation von Stephanie Schuhknecht, wann Petitionen sinnvoll sind, finden Sie HIER. Auch finden Sie HIER Hinweise von Cemal Bozoglu, MdL, Bürgerbeauftragter für  Asyl und Migration, was man beim Einreichen von Petitionen beachten sollte.


Wahlprüfsteine Europawahl
Joachim Jacob stellte die Wahlprüfsteine vor, die unser UnserVeto – Bayern gesammelt hatte. Er bat, diese ggf zu ergänzen, und auch im anstehenden Europawahlkampf Parteien und KandidatInnen  mit den wichtigen Fragen zu konfrontieren. Über www.unserveto-bayern.de kann man sich an den Wahlprüfsteinen beteiligen. Die derzeitige Fassung finden Sie HIER .


„Probleme und Menschenrechtsverletzungen in den Ankerzentren und was wir dagegen tun können“
Stephan Reichel, Geschäftsführer von matteo – Kirche und Asyl e.V. berichtete aus seinen Besuchen in den Ankerzentren. Nach Verlautbarungen Seehofers sollten ANKER-Zentren dank verschiedener Behörden direkt vor Ort zu schnelleren Asylverfahren  führen, doch die Realität zeigt vielfach ein anderes Bild. So wird für einen Großteil der dort untergebrachten mehreren Tausend Geflüchteter gar kein Asylverfahren betrieben, – sondern versucht, sie in das rechtspopulistische Italien oder andere Länder nach den Dublinregelungen abzuschieben. Dublinflüchtlinge und Geduldete befinden sich jedoch oft 2 Jahre und länger in den 7 Ankerzentren oder deren ausgelagerte Einrichtungen, ohne das Recht auf Arbeit, ohne Tagesstruktur, nur mit Cateringversorgung, ohne Zugang zu einer unabhängigen Verfahrens- und Rechtsberatung. Faire Asylverfahren können so nicht stattfinden. In den meisten dieser Ankereinrichtungen dürfen Geflüchtete – 4,6 oder mehr Personen in einem Zimmer, weder die Zimmer-, noch die Wohnungs- noch die Haustür abschließen. Schweinfurth und Regensburg sind da rühmliche Ausnahmen. Es gibt nur wenig Asylsozialberatungsstellen, doch überall Security. Kinderrechte werden massiv verletzt, es gibt weder vorschulische Angebote noch einen regulären Unterricht für die größeren. Seit Flüchtlinge in diesen Zentren untergebracht werden, häufen sich die Beschwerden und die Berichte von HelferInnen, Helfern und Organisationen über Rechtsverletzungen, mangelnde Gesundheitsversorgung. Stephan Reichel berichtete über den Abschiebeversuch eines Todkranken in Deggendorf.

Wichtig sind daher Beratungsangebote durch Ehrenamtliche, innerhalb und außerhalb dieser Einrichtungen, aber auch Schritte, faire Asylverfahren sicherzustellen, die Aufenthaltsdauer in diesen Einrichtungen zu begrenzen (oder die Anker in reguläre Erstaufnahmeeinrichtungen rückzuverwandeln) und diese Einrichtungen in ihrer Größe zu reduzieren. Dezentrale  Unterbringung ist menschlicher und Flüchtlinge sollten spätestens nach drei Monaten sich einen Arbeitsplatz suchen dürfen.

Auch Freie Wähler hatten ihm versichert, dass auch die für eine Begrenzung der Aufenthaltspflicht auf drei Monate seien. im Koalitionsvertrag befindet sich aber lediglich die Hoffnung, dass die Asylverfahren in drei Monaten beendet sind.


Schritte in Arbeit und Ausbildung
Mohammad Ibrahim, Integrationsberater beim Fachbereich Ausbildung der Industrie- und Handelskammer Schwaben berichtete über seine Arbeit.
Kenntnisreich berichtete er, wie es trotz enormer bürokratischer Hemmnisse  immer wieder gelingt, Flüchtlinge in Arbeit zu integrieren, und wie wichtig es ist, dass Geflüchtete sich auf das Lernen auch konzentrieren können. Er arbeitet in Schwaben immer wieder mit Ehrenamtlichen vor Ort zusammen.


Keine Abschiebungen nach Afghanistan
Die Mitglieder des Asylgipfels beschlossen, dass alles getan werden müsse, um Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Afghanistan zu stoppen. Dazu müsse auch der Lagebericht des deutschen Aussenministeriums endlich die wirkliche Situation realistisch und nicht länger beschönigend wiedergeben. Beschämend sei, dass in fast jedem Abschiebeflug gut integrierte Geflüchtete aus Schwaben abgeschoben wurden.


Offen gebliebene Fragen von TeilnehmerInnen gab es auch, zB warum man einen Führerschein nicht auch mit einer gültigen Taskira oder mit einer Geburtsurkunde machen kann.

Zudem war der Wunsch von Inge Herz da, endlich auch über Projekte zu reden, mit denen bessere Perspektiven in den Herkunftsländern geschaffen werden können, Vielleicht, liebe Inge, schaffen wir das das nächste mal.

Angesichts der aktuellen Situation im Mittelmeer möchte ich auch noch einen aktuellen Brief von Flüchtlingsorganisationen für Seenotrettung anhängen.

Zusammengefasst von Christine Kamm