Neujahrsgruß 2022 – Auf christlichen Wegen

Gott überschreitet Grenzen
Gott überschreitet Grenzen
dunkelverhüllt, sternenbewehrt,
vom Himmel auf die Erde,
aus den Palästen in die Hütten,
aus dem Reichtum in die Armut,
aus der Geborgenheit
in die Unbehaustheit einer Krippe.
Maria sucht ein Bett.
Josef sucht einen Stall.
Gott sucht die Menschen.

Die Liebe sucht ein Zuhause.
Sie findet es, in dir, in mir.
Der Stall in mir:
viel Mist, viel Kälte
und seelisches Ungeziefer
zuerst,

aber dann mache ich Raum,
lasse Worte rein und Licht und Freude,
nehme Abschied von Staub und begrüße mehr Leben.
Die Sorge muss gehen und dann auch die Wut,
zuletzt die Angst und der Zorn.
Und dann ist Platz für mich und dich und IHN und SIE,
die Vertrauten und die Fremden,
die Verunsicherten und Verwundeten.
Im Licht erkenne ich Schwestern und Brüder.
Finde mich, finde ihn und sie, wir teilen SEINEN Frieden.
SEINE Arme, meine Grenzen.
Nach und nach höre ich auf zu kämpfen, zu verteidigen,
mache mich auf,
die Krippe in mir,
und folge dem buckligen Weg,
den er uns vorausging.
Von sich zu mir, von mir zu dir.
Es ist alles gut.

Christoph Schwethelm, Pfarrer i.R.und Vorstand matteo

Liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde von matteo,

das „Jahr der Barmherzigkeit“ geht zu Ende, so wie es die Herrnhuter Losungen für 2021 benannt haben. Barmherzigkeit ist tätige Nächstenliebe, und die Barmherzigkeit umfasst auch die Zuwendung und Aufnahme von Fremden.

Wir konnten in 2021 viel mit bewegen und erreichen: 

  • Afghanistan: Nach dem Desaster der Machtübernahme der Taliban, haben die Afghanen in unserem Lande nun einen stabilen Schutz, für den wir so lange gekämpft haben. Wir konnten noch an die 200 Menschen bis August vor der Deportation nach Kabul retten, bevor die Taliban dort einbrachen. Arbeits- und Ausbildungsverbote im Deutschland fallen nun. Sobald es wieder möglich ist, wollen wir uns an einem Evakuierungsprogramm für besonders Gefährdete, engagierte Frauen oder unbescholtene Abgeschobene aus Afghanistan beteiligen. Die Pläne der neuen Bundesregierung werden uns dabei helfen.
  • Kirchenasyl: In den letzten Monaten konnten wir über 50 Kirchenasyle einrichten, um drohende Abschiebungen von Syrern und Afghanen nach Rumänien, Bulgarien oder Kroatien zu verhindern, wo die Geflüchteten in Gefängnissen und Prügellagern landen. Wir haben Maßnahmen eingeleitet, diese Abschiebungen auch politisch zu stoppen und werden demnächst Dossiers zu den Zuständen in diesen Dublin-Ländern an die neue Innenministerin und die Medien geben.

Viele Kirchenasyle mussten wir noch im Advent einrichten, da die alte Regierung noch gnadenlos Abschiebungen eingeleitet hatte. Am ersten Adventssonntag habe ich einen 16jährigen Jugendlichen in ein schützendes Allgäuer Dorf bringen können, der die Nacht darauf  nach Rumänien deportiert werden sollte, wo er auf der Flucht schwer von Polizei und Zivilisten misshandelt worden war. Auch die Familie einer führenden Oppositionellen konnten wir im Oberland in einer Kirche unterbringen. Sie wären in ein polnisches Lager abgeschoben worden ohne Sicherheit vor dem weißrussischen Geheimdienst.

  • Sierra Leone: Einer begonnenen Abschiebekampagne gegen Sierra Leoner, Afrikanern, die sich hier besonders integriert haben, begegnen wir mit politischen Gesprächen, auch mit der dortigen Regierung sowie Protesten, Petitionen und persönlicher Beratung. Ein akzeptables Rückkehrprojekt für weniger Integrierte ist in Planung.

  • Asylwende zur Menschlichkeit: Wir haben wesentlich mitgewirkt an dem erfreulichen Asylprogramm der neuen Bundesregierung, das künftig wirklich Schutz geben wird, Integration fördert und den Spurwechsel ermöglicht, aber unser Land nicht überfordert.

Das neue Konzept der Ampel wird hoffentlich auch mithelfen, bei anderen Themen voranzukommen, wie der Stabilisierung des Aufenthalts wegen ihres Glaubens oder aus anderen Gründen verfolgter Iranerinnen und Iraner und anderer Nationalitäten aus Diktaturen und Kriegsländern.

Die Anker sollen verschwinden, und wir hoffen auf mehr dezentrale Unterbringung und private Wohnsitznahme, was die Integration erheblich erleichtern wird.

All das und noch viel mehr stemmen wir bisher erfolgreich, aber mit (zu) wenig Ressourcen und Geld. Die wenigen Aktiven und ich selbst sind oft am Rande unserer Kräfte, bei aller Freude, die diese Arbeit bringt.

matteo kann langfristig nur weiter bestehen und das leisten, wenn wir neue personelle Unterstützung, Mitglieder und auch Spenden bekommen.

Wir würden uns freuen, wenn auch Sie persönlich oder in Ihrem Umfeld Wege finden würden, matteo weiter zu stärken. Wenn Sie noch nicht Mitglied sind, vielleicht durch eine Mitgliedschaft für Sie selbst und/oder Ihrer Kirchengemeinde. Auch Ihre aktive Mitarbeit, eine Spende oder Werbung wäre sehr hilfreich. Gerne komme ich auch zu einem Referat vor Ort, um über die aktuelle Asylsituation und unsere Arbeit zu berichten.

Die Arbeit für Barmherzigkeit und Menschlichkeit in unserem Lande muss weitergehen.

Im Namen des Vorstands danke ich für Ihre Unterstützung und wünsche Ihnen, Ihrer Familie und Ihrer Gemeinde ein Fohes Weihnachtsfest und gesegnetes Neues Jahr 2022.

Herzliche Grüße,
Ihr Stephan Reichel
Erster Vorsitzender